Japan und die Kernkraftwerke

Kann man Japan den flächendeckenden Einsatz von Atomkraftwerken zum Vorwurf machen?

Betrachtet man die Voraussetzungen und die historische Entwicklung in Japan, dann ist der Einsatz von Atomkraftwerken durchaus nachvollziehbar! Japan hat kaum eigene Ressourcen und ist daher in Bezug auf nahezu alle Rohstoffe auf Importe angewiesen. Gerade als weltweit exportierende Industrienation ist man daher bestrebt, diese Abhängigkeit von exportierenden Ländern möglichst zu reduzieren, was jedoch nur schwer möglich ist. Der Sektor Energie bietet in diesem Zusammenhang wenigstens einen Bereich, in dem man sich mit Hilfe der Kernkraft halbwegs autark einrichten kann.

Dazu kommt die Entwicklung von Japan in den vergangenen 50 Jahren. In diesem vergleichsweise kurzen Zeitraum hat sich Japan als Industrie- und Technologienation hervorgetan und in diesem Bereich auch einigen Nationalstolz entwickelt. Daher ist das Vertrauen in die eigenen Entwicklungen und Fähigkeiten nachvollziehbar hoch.

Japan liegt in einem massiv erdbebengefährdeten Gebiet. Dies ist ein Umstand, auf den sich Japan in allen Belangen des täglichen Lebens hervorragend eingerichtet hat – wahrscheinlich besser als jede andere Nation. Information und vorbereitende Trainings für die Bevölkerung sowie erdbebensichere Bauweise sind bei den Japanern im Alltag fest verwurzelt. Um mit der latenten Gefahr von katastrophalen Erdbeben überhaupt halbwegs ruhig leben zu können, ist ein Grundvertrauen der Menschen in diese Maßnahman unabdingbar. Dieses Vertrauen erstreckt sich dann natürlich auch auf potentielle Gefahrenpunkte wie Kernkraftwerke.

Hinzu kommt, daß die Japaner in ihrer Mentalität Nationalstolz, Solidarität, wie auch wirtschaftlichen Erfolg stark verwurzelt haben. Daher entwickeln sich alternative Bewegungen, wie zum Beispiel für den Umweltschutz, wenn überhaupt, nur in sehr geringem Ausmaß – zumal Atomkraftwerke in erster Linie ja sehr sauber sind, was die direkten Auswirkungen auf die Umwelt angeht.

Versetzt man sich ein wenig in diese Lage, dann ist es meiner Meinung nach absolut nachvollziehbar, daß man ein (vielleicht auch übersteigertes) Vertrauen in die Techniken der Kernkraft sowie deren Umsetzung entwickelt.

 
War der Unfallablauf in dieser Form und in diesem Ausmaß absehbar?

Aus der Sicht von vor einer Woche wurde ein solcher möglicher Unfall wohl nicht vorhergesehen. Das Erdbeben war um einiges stärker, als es für möglich angenommen wurde, und das unmittelbare Zusammentreffen mit dem Tsunami sowie dessen Auswirkungen kamen unerwartet. Aufgrund der Erfahrungen mit derartigen Katastrophen in den vergangenen Jahren, hätte zumindest das Zusammentreffen eines Erdbebens mit einem darauffolgenden Tsunami aber vielleicht besser abgesehen werden können.

Die erdbebensichere Bauweise, sowie die Sicherungs- und Abschaltemechanismen der AKW haben ja – selbst was das unerwartet starke Erdbeben betrifft – gut funktioniert. Erst der auf das Erdbeben folgende Tsunami hat mit der Zerstörung der Kühlsysteme zu der Eskalation der Problematik geführt. Das zeigt zum Einen, daß man durchaus in der Lage ist, viele mögliche Fehler- und Unfallquellen vorauszusehen und durch entsprechende Maßnahmen zu kompensieren. Jedoch muß man wohl noch weiter denken und auch das Zusammentreffen von noch mehr unerwarteten Ereignissen im Voraus berücksichtigen.

Alle Eventualitäten wird man nie im Voraus planen und berücksichtigen können. Daher bleibt bei jeder Technologie ein Restrisiko. Im aktuellen Fall ist es jedoch fatal, daß gerade bei der Atomkraft die Auswirkungen sehr umfangreich und weitreichend sind.

 
Was kann im schlimmsten Fall noch passieren?

Leider muß man sagen, daß ein mögliches Worst-Case-Szenario eventuell noch bevorsteht. Wenn an einem der betroffenen Blöcke durch eine Kernschmelze massiv und unkontrolliert Strahlung austreten sollte, dann wären auch weitere Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an den anderen Blöcken nicht mehr möglich. Dadurch könnten auch an weiteren, derzeit nicht direkt gefährdeten Blöcken Situationen eintreten, die vielleicht teilweise nicht mehr kontrollierbar wären und somit zu weiteren Kernschmelzen und Austritten von Strahlung führen könnten.

 
Wie kann es mit der Kernenergie weitergehen?

Hier in Deutschland wird derzeit nun schon fast panikartig an der Abschaltung der ersten AKW gearbeitet. Das hat zum Teil sicherlich auch politische Hintergründe. Grundlegend ist der Ausstieg aus der Kernkraft hier im dicht besiedelten Europa sicherlich anzustreben. Dennoch haben wir hier in Deutschland derzeit sicherlich noch mit die modernsten und sichersten Kernkraftwerke. Daher sollte eine Abschaltung nur erfolgen, wenn die Energieversorgung auch mit eigenen Mitteln gesichert ist. Es bringt nichts, die Kraftwerke hier vom Netz zu nehmen, nur um dann möglicherweise Energie von weitaus unsichereren Atomkraftwerken aus Nachbarländern zuzukaufen. So eine Sicherheit wäre trügerisch, ja sogar schon fahrlässig!

Alternative Energiequellen können mittelfristig sicherlich den bestehenden Strombedarf decken, so daß unter diesem Gesichtspunkt die Atomenergie wegfallen könnte. Aber auch wenn man sogar noch ein Einsparungspotential beim Stromverbrauch sieht, sollte man nicht außer Acht lassen, daß sich künftig auch noch weiterer Strombedarf ergeben wird! Nahezu jeder Autohersteller ist dabei – wie auch von der Politik und den Verbrauchern gewünscht – Elektroautos zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Wenn man nun den dadurch entstehenden Energiebedarf hochrechnet, dann darf in Frage gestellt werden, ob alternative Energien und Einsparungen wirklich ausreichen, um auch den künftigen Bedarf an elektrischem Strom zu decken.

Global wird vor allem für Länder wie China oder auch Indien kaum ein Weg an Atomenergie vorbeiführen. Daß für deren stark steigenden Stromverbrauch Kohlekraftwerke keine Option sind, dürfte jedem klar sein. Die Auswirkungen auf die Umwelt und die Atmosphäre wären in diesem Ausmaß unabsehbar. Alternative Energien sind für diese Länder wahrscheinlich noch zu teuer und können auch den kurzfristigen Mehrbedarf wohl nicht schnell genug abdecken. Daher kann und wird hier die Kernenergie wohl noch die erste Wahl bleiben.

 
Letzlich denke ich, daß sich am globalen Einsatz der Kernenergie außer ein paar Verschiebungen nicht wirklich etwas verändern wird.



Tags: , , , ,

Eine Antwort zu “Japan und die Kernkraftwerke”

  1. Bettina sagt:

    Hoffentlich kann der absolute Super Gau noch verhindert werden, ich habe wirklich wahnsinnige Angst vor einer weltweiten atomaren Katastrophe.

Hinterlasse eine Antwort

Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.